Chronik der Siedlergemeinschaft „Am Waldrand“ e. V.

Im südlichsten Zipfel des Berliner Ortsteils Rudow, direkt an der Grenze zu Groß-Ziethen im Land Brandenburg, liegt unsere Siedlergemeinschaft „Am Waldrand“ e. V. Die Siedlung umfasst 120 Doppelhaushälften und entstand aus einer Planung der damaligen Reichshauptstadt Berlin in Zusammenarbeit mit der Gemeinnützigen Wohnungsbau-Aktiengesellschaft Groß-Berlin im Jahr 1930. Bereits 1934 konnten die ersten Häuser bezogen werden.

Es war der dritte Bauabschnitt für Kleinsiedlungen im Berliner Süden. Ziel war es, sozial schwächer gestellten Familien aus der Innenstadt ein Eigenheim mit Garten als Nebenerwerbsquelle am Stadtrand zu ermöglichen. Voraussetzung war handwerkliches Geschick – und der Wille, beim Bau selbst mit anzupacken. Zehnstundentage waren die Regel. Dank dieses bemerkenswerten Engagements entstand in kurzer Zeit eine funktionierende Siedlungsgemeinschaft.

Die damaligen Bauarbeiten sind mit heutigen Maßstäben kaum zu vergleichen: Fundamente wurden mit Spaten, Schaufel und Pickel ausgehoben, Baumaterialien mit der Schubkarre transportiert. Mörtel und Beton wurden von Hand gemischt, das Wasser mit Handpumpen gefördert. Wer heute über eigene Maschinen und moderne Werkzeuge verfügt, kann ermessen, welche Leistungen damals erbracht wurden.

Später wurden am Zwerghuhnweg Pumpstationen gebaut, um die Versorgung jedes Hauses mit Wasser sicherzustellen. Gleichzeitig wurde beim Bau auch eine Gasleitung verlegt – zu dieser Zeit alles andere als selbstverständlich. Ende der 1930er-Jahre entstand ein Luftschutzbunker auf dem Gemeinschaftsgelände, der vielen Menschen zwischen 1943 und 1945 das Leben rettete.

Der Krieg ging nicht spurlos an der Siedlung vorbei: Sechs Häuser wurden vollständig zerstört, etwa die Hälfte stark beschädigt. Dank großer Hilfsbereitschaft und solidarischer Eigenleistung der Bewohner konnten die Häuser wieder instand gesetzt werden – ohne finanzielle Unterstützung von Stadt oder Baugesellschaft.

Der Siedlerverein „Am Waldrand“ e. V. wurde 1934 gegründet und im selben Jahr ins Vereinsregister eingetragen. Da zunächst kein eigenes Versammlungshaus zur Verfügung stand, mussten Räumlichkeiten angemietet werden. 1950 fiel der Entschluss zum Bau eines eigenen Gemeinschaftshauses. Alle finanziellen Mittel wurden von den Siedlern selbst aufgebracht – oft unter großen persönlichen Entbehrungen. 1958 konnte das Haus seiner Bestimmung übergeben werden. Sämtliche Arbeiten wurden in Eigenleistung erbracht. Endlich konnten nun wetterunabhängige Veranstaltungen stattfinden.

In den 1950er-Jahren erfreuten sich insbesondere die Sommerfeste großer Beliebtheit: Festumzüge mit geschmückten Wagen, Auftritte von Volkstanzgruppen, Spielmannszügen, Fahrradreigen und Armbrustschießen zogen zahlreiche Besucher an. Fackelzüge rundeten die Veranstaltungen stimmungsvoll ab.

Im Laufe der Jahre wurden das Gemeinschaftshaus und die Infrastruktur fortlaufend instandgesetzt und verschönert. Heute bietet es Raum für unsere traditionellen Veranstaltungen – Pfingstfrühkonzert, Sommerfeste, Weihnachtsfeiern, Preisskat, Frühschoppen und Tischtennisturniere – und stärkt den Gemeinschaftssinn. Das Haus steht allen Siedlern kostenlos zur Verfügung.

Auch die Siedlung selbst hat sich im Wandel der Zeit verändert. Viele Häuser wurden umgebaut oder erweitert. Das ursprüngliche Erscheinungsbild mit farbigen Fensterläden und Dachblenden ist vielerorts verloren gegangen – ein Hauch von Nostalgie bleibt.

In den 1960er-Jahren wurden die Straßen befestigt und erstmals mit Beleuchtung ausgestattet – finanziert durch Gemeinschaftsfonds und Spenden. Nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 lag die Siedlung plötzlich am Rand der Stadt und führte zunächst ein zurückgezogenes Dasein. Doch mit dem Entstehen der Gropiusstadt wurde sie wiederbelebt – Spaziergänger und Radfahrer entdeckten sie als Naherholungsgebiet.

1988 nahm unsere Siedlung erstmals am Neuköllner Kleinsiedlungswettbewerb teil – und gewann überraschend den 1. Platz. In den Folgejahren folgten weitere Auszeichnungen. 1993 wurden wir Berliner Landessieger und belegten im bundesweiten Wettbewerb unter 8.000 Bewerbern den 3. Platz. Vier Jahre später erzielten wir sogar den 2. Platz im Bundeswettbewerb.

Die 1989 auslaufenden Reichserbbauheimstätten-Verträge konnten wir nach intensiven Verhandlungen mit dem Senat von Berlin und Unterstützung des Deutschen Siedlerbundes um weitere 75 Jahre verlängern – ein Meilenstein für den Erhalt unserer Wohnform.

1991 begannen die Planungen für den Anschluss an das öffentliche Entwässerungsnetz – das bis dahin größte Projekt der Siedlung. Der Vorstand und eine ehrenamtliche Arbeitsgruppe organisierten Planung, Umsetzung und Kostenkontrolle. Der Bau begann im April 1993. Dank großem Einsatz blieben die Kosten deutlich unter dem veranschlagten Betrag von 850.000 DM – ein finanzieller Erfolg für alle Beteiligten.

Zwischen 2005 und 2007 folgte der nächste große Schritt: die Erneuerung der in die Jahre gekommenen Siedlungsstraßen. Voraussetzung war der Austausch alter Wasser- und Gasleitungen – diese Arbeiten konnten ohne Zusatzkosten für die Bewohner abgeschlossen werden. 2008 begann der Straßenbau mit Verbundsteinpflaster – trotz Einschränkungen im Alltag ein Gewinn für alle. Die Kosten von 1.500 € pro Haushalt wurden durch die Siedler aufgebracht – teils über Kredite.

Heute können sich unsere Kinder über neue Spielmöglichkeiten freuen: einen Fußballplatz, eine wetterfeste Tischtennisplatte und eine Torwand auf dem Gemeinschaftsgelände. Auch der angrenzende Wald – einst zur Kriegszeit abgeholzt – wächst langsam wieder. 200 junge Bäume, gepflanzt von unseren Kindern, lassen die Siedlung wieder zu Recht „Am Waldrand“ heißen.

Trotz moderner Medien bleibt unsere Siedlung lebendig: Weihnachtsfeiern, Konzerte, Feste und Turniere bringen die Menschen zusammen. Ältere Mitbewohner werden von unserer Seniorenbeauftragten liebevoll betreut.

Am 29. August 2009 feierten wir unser 75-jähriges Bestehen – voller Dankbarkeit und Stolz auf das Erreichte. Was Generationen vor uns aufgebaut haben, setzen wir mit Engagement und Herzblut fort. Möge das Leben in unserer Siedlung auch in Zukunft harmonisch, lebendig und gemeinschaftlich bleiben.

2010
Das Gemeinschaftshaus wurde modernisiert (u. a. neue Fliesen, Boiler und Teppich). Nach einem Heizungsausfall im Januar musste die Heizungsanlage aufwendig repariert werden. Auch die Straßenbeleuchtung im Bereich „Am Rudower Waldrand“ wurde punktgenau instand gesetzt. Die Vereinssatzung wurde gemäß neuem Vereinsrecht überarbeitet. Seit Ende 2010 ist die Siedlung mit einer eigenen Website online vertreten.

2011
Die Siedlungsbegehung brachte erneut Lob für den gepflegten Eindruck der Anlage. Die überarbeitete Satzung wurde beim Amtsgericht registriert und die Gemeinnützigkeit bestätigt. Erste Schritte zur baulichen Sanierung des Gemeinschaftshauses wurden eingeleitet. Ein Konzept zur Verkehrsberuhigung wurde erarbeitet.

2012
Es wurden Reparaturen an Heizung und Dach durchgeführt sowie Laternen und Straßenpoller gestrichen. Erstmalig wurde die Erfassung von Gemeinschaftsarbeitsstunden eingeführt, was zu einem soliden Beitrag für den Gemeinschaftsfonds führte.

2013
Eine Arbeitsgruppe zur Dachsanierung wurde gegründet; ein Gutachten bestätigte die gute Bausubstanz, sodass lediglich eine neue Isolierung und Eindeckung nötig sind.

2014
Ein besonderes Ereignis war ein vom ADAC organisiertes Oldtimer-Treffen auf unserem Gelände. Sowie die Anschaffungen eines Rasentraktor wurden getätigt.

2015
Das Veranstaltungsprogramm wurde fortgesetzt, erneut fand ein ADAC-Oldtimer-Treffen statt. Ein erster großer Meilenstein der Gemeinschaftshaus-Sanierung wurde mit der Dacherneuerung abgeschlossen.

2016
Ein Runder Tisch wurde zur Überarbeitung der Bau- und Gestaltungsrichtlinien einberufen.

2019
Die 85-Jahr-Feier war mit prominenter Teilnahme ein besonderes Highlight.

2020
Wegen der Pandemie entfielen Jahreshauptversammlung und Feste. Die Jahreshauptversammlung wurde schriftlich durchgeführt. Die Sanierung des Gemeinschaftshauses stand im Fokus: Fenster und Strom wurden erneuert, der Saal komplett renoviert. Das Fundament wurde freigelegt und isoliert.

2021
Die Pandemie bestimmte weiterhin das Jahr. Die Sanierung des Gemeinschaftshauses wurde fortgesetzt, besonders hervorzuheben ist der komplette Küchenumbau und die Renovierung, die in Gemeinschaftsarbeit erledigt wurden.